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Abschlussveröffentlichung des IGF-Projekts MikSin (21135 BG)

Kurzfassung des Abschlussberichts des Forschungsprojekts MikSin (IGF-Projekt 21135 BG)

„Sintern gedruckter leitfähiger Strukturen durch Energieeintrag mittels Mikrowellenbestrahlung“

Im Forschungsprojekt „Sintern gedruckter leitfähiger Strukturen durch Energieeintrag mittels Mikrowellenbestrahlung – MikSin“ wurden vorrangig leitfähige Silbermikropartikelpasten mittels des digitalen Piezojet-Druckverfahrens auf verschiedene Substratmaterialien aufgebracht und die Praktikabilität des Sinterns der gedruckten Strukturen mittels Mikrowellenbestrahlung als eine Alternative zum herkömmlichen Sintern als Ofenprozess untersucht. Da sich das Sintern per Mikrowellenbestrahlung gegenüber anderen Sinterverfahren dadurch auszeichnet, dass die sich während des Sinterns entwickelnde elektrische Leitfähigkeit direkt die Dissipation der einfallenden elektromagnetischen Strahlung beeinflusst und somit eine Rückkopplung der jeweils aktuellen Leitfähigkeit auf die Sintertemperatur besteht, wurde ein Hauptaugenmerk auf das tiefere Prozess-Verständnis des Mikrowellensinterns gelegt. Hierzu kamen vor allem Messungen mittels breitbandiger dielektrischer Spektroskopie in Kombination mit elektromagnetischen Simulationen zum Einsatz. Es zeigte sich, dass mit Erreichen eines kritischen Wertes der elektrischen Leitfähigkeit während des Sinterns sich diese schlagartig um mehrere (9 bis 10) Dekaden erhöht und sich in der Folge die mikrowelleninduzierte Erwärmung des gedruckten Layouts ebenfalls sehr plötzlich deutlich verstärkt. Begreift man das Mikrowellen-Sintern als eine ohmsche Erwärmung des Layouts infolge des Flusses induzierter Ströme, dann ist die sich einstellende Sintertemperatur vom ohmschen Widerstand des Layouts und damit neben dem Materialparameter „elektrische Leitfähigkeit“ auch von Länge und Querschnitt der Leiterbahnen abhängig. Dies ist insbesondere beim Mikrowellen-Sintern geometrisch stark heterogener Layouts zu beachten.

 

Diese grundlegenden Arbeiten wurden kombiniert mit Versuchen zum eigentlichen Mikrowellen-sintern mittels großer Mikrowellenöfen, wie sie in industriellen Prozessen für die Behandlung großer Bauteile oder in der Serienfertigung zum Einsatz kommen können. Der Stand der Technik wird dabei insofern erweitert, als dass in der Literatur bisher nur sehr kompakte Mikrowellen-Applikatoren für Laborversuche verwendet wurden, die lediglich das Sintern einzelner, kleiner Substrate erlauben [1-5,13]. Für die Bewertung dieser Versuche wurde die mittels Mikrowellen-sintern erzielte Leitfähigkeit und die Sinterdauer jeweils im Vergleich zum Ofenprozess als Referenz herangezogen. Die Bewertung der durch die verschiedenen Sinterprozesse erzielten mikroskopischen Strukturen erfolgte durch optische bzw. Rasterelektronen-Mikroskopie (REM).
Im Austausch mit dem projektbegleitenden Ausschuss (pbA) wurden die Kombinationen aus Substratmaterial, zu druckender leitfähiger Paste bzw. Tinte und Druckverfahren definiert und im Projektverlauf umgesetzt. Um vor allem das Mikrowellensintern selbst systematisch untersuchen zu können, wurde bei den Proben ein Schwerpunkt auf ihre Funktionalisierung mit Silbermikro-partikelpasten (ECI 1011, EDAG; beide von Emerson & Cumming) mit dem Piezojet-Verfahren gelegt. Alle im Folgenden diskutierten Proben wurden, sofern sie am Ort der Mikrowellen-Öfen durch die THW gedruckt wurden, für 10 min bei 60°C im Ofen getrocknet, um für alle Mikrowellenversuche den gleichen Anfangszustand der Proben hinsichtlich der elektrischen Leitfähigkeit einzustellen. Bezüglich der Substrat-Materialien lag das Hauptaugenmerk auf temperaturemp-findlichen Polymersubstraten. Als zentrales Objekt wurde eine Armlehne aus dem Bereich Automotive, bestehend aus Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymer (ABS) mit einem Schmelzpunkt von ca. 80°C untersucht, auf die die Zuleitungen für eine Heizung in Form zweier ineinander greifender Kammelektroden aus der Silbermikropartikelpaste ECI 1011 mittels des Piezojetdrucks aufgebracht wurden. Für dieses System wurde eingehender untersucht, inwieweit sich die beim Mikrowellensintern problematische Bildung starker lokaler Erwärmungen (hot spots) durch ein komplettes oder teilweises Kurzschließen des Layouts verhindern lässt. Des Weiteren wurden verschiedene Kleinteile auf der Basis diverser Polyamid 6 (PA 6) – basierter Materialien mit maximalen Gebrauchstemperaturen zwischen 160°C und 170°C sowie zweier Kautschuk-Materialien (HNBR, EPDM) mit einer maximal zulässigen Temperatur von 200°C in die Untersuchungen einbezogen. Neben diesen temperaturempfindlichen Substraten wurden als Gegenpol auch zwei temperaturunempfindliche keramische Substrate (Aluminiumoxid Al2O3 und Aluminiumnitrid AlN) betrachtet, wobei die Funktionalisierung z.T. mit der Silbernanopartikeltinte PARU PG-007 des Herstellers PARU im Aerosol-Jet-Verfahren erfolgte.

Abbildung 1: Oben: CAD-Darstellung der Armlehne, Mitte: Heizungslayout mit Silber-Zuleitung (grün) und Carbon-Heizleitungen (rot); Unten: Umsetzung des Layouts der Zuleitungen mit Sil-ber-Paste auf einem APCB-Substrat; Quelle: Lehrstuhl FAPS (FAU Erlangen-Nürnberg), Technische Hochschule Wildau – Professur für Faserverbund-Materialtechnologien, Fraunhofer IAP

Während für die ausführliche Darstellung der für die einzelnen Materialkombinationen erzielten Werte der elektrischen Leitfähigkeit auf die Darstellung in Kapitel 4 verwiesen sei, so lässt sich doch generell festhalten, dass im Falle der Polymer-Substrate mittels Ofensintern für die Silbermikropartikelpasten eine Leitfähigkeit von ca. 3 MS/m erzielt wurde, was ca. 5 % des Wertes für bulk-Silber entspricht und sich in guter Übereinstimmung mit Literaturwerten befindet [9]. Die Messung der Leitfähigkeit erfolgte dabei durchgängig mittels 4-Punktmessung. Mittels des Mikrowellensinterns wurden Werte erzielt, die bei beträchtlicher Streuung (0,5 bis 5 MS/m bzw. 1% bis 8% des Wertes für bulk-Silber) den Wert des Ofensinterns bestätigten. Als problematisch erwies sich bei dem Mikrowellensintern, dass sich nach dem oben beschriebenen Sprung in der Leitfähigkeit (der sich mittels Thermographie während der Mikrowellenbestrahlung zweifelsfrei identifizieren ließ) in allen untersuchten Layouts wenigstens eine Stelle fand, an der es lokal zu einer besonders starken Erwärmung kam, die das umliegende Substrat typischerweise schädigte. Im Falle der automobilen Armlehne konnte diesem Effekt durch ein Kurzschließen des Layouts erfolgreich entgegengewirkt werden, ebenso konnten dabei leicht höhere Werte Leitfähigkeit als beim Ofensintern erzielt werden. Ein relativ gutes Mikrowellensintern sowohl hinsichtlich der Sinterzeit als auch der sich einstellenden elektrischen Leitfähigkeit konnte für die temperaturunempfindlichen Keramiksubstrate gefunden werden. Als kritisch wurde hier in Ausnahmefällen gefunden, dass bestimmte Layoutstrukturen wie Mäander infolge einer besonders guten Einkopplung der Mikrowellen zu einer starken lokalen Erwärmung des Substrates und in der Folge zu Spannungsrissen führten. Die Werte der elektrischen Leitfähigkeit stimmten gut mit jenen des Ofensinterns bei vergleichbarer Sinterzeit überein. Im Einklang mit der weitgehenden Überein-stimmung der Leitfähigkeitswerte zwischen Ofen- und Mikrowellensintern wurden in der optischen bzw. elektronenoptischen Charakterisierung der Produkte beider Sinterprozesse keine signifikanten Unterschiede gefunden.

 

Da das Mikrowellensintern erst nach dem Sprung in der Leitfähigkeit effektiv wirkt, ist die gesamte Sinterzeit maßgeblich durch die Zeit bis zum Einsetzen des Leitfähigkeitssprunges bestimmt. Diese hängt augenscheinlich stark von der Vorgeschichte ab, etwa dem Grad der Trocknung des gedruckten Layouts. Eine systematische Reduktion der Sinterzeiten durch das Mikrowellensintern konnte im Rahmen des Projektes nicht nachgewiesen werden, so dass sich auch für diesen Parameter kein Vorteil gegenüber dem Referenzprozess zeigt.

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie hier.

[1] J. Perelaer et al. “Printed Electronics: The Challenges Involved in Printing Devices, Interconnects, and Contacts based on Inorganic Materials”, J. Mater. Chem. 20, 8446, (2010).
[2] R. Cauchois et al. “Impact of Variable Frequency Microwave and Rapid Thermal Sintering on Microstructure of Inkjet-printed Silver Nanoparticles”, J. Mater. Sci. 47, 7110, (2012).
[3] J. Perelaer et al. “Ink-jet Printing and Microwave Sintering of Conductive Silver Tracks” Adv. Mater. 18, 2101, (2006).
[4] J. Perelaer et al. “Microwave Flash Sintering of Inkjet-Printed Silver Tracks on Polymer Substrates” Adv. Mater. 21, 4830, (2009).
[5] J. Perelaer et al. “Plasma and Microwave Flash Sintering of a Tailored Silver Nanoparticle Ink, Yielding 60% Bulk Conductivity on Cost-Effective Polymer Foils”  Adv. Mater. 24, 3993, (2012).
[9] Schlussbericht zum IGF-Vorhaben Nr. 20202 N „Schnelle und flexible Erzeugung von Leiterstrukturen zur Herstellung großflächiger mechatronischer Bauteile durch laserunterstütz-
ten Direkt-Druck – LaDi-Print“, 2021.
[13] S. Wünscher et al. „Progress of alternative sintering approaches of inkjet-printed metal inks and their application for manufacturing of flexible electronic devices“ J. Mater. Chem. C 2, 10232, (2014).
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